Der süße Rausch vor der Stille
Unsere Fahrt vom Sankt-Lorenz-Strom ins Hinterland wurde noch einmal unterbrochen – von einer Station, die man wohl ohne schlechtes Gewissen als „touristische Dröhnung“ bezeichnen darf: Chez Daniel in Trois-Rivières.
Eigentlich hatten wir mit einem schlichten Hofladen für Ahornprodukte gerechnet. Stattdessen fanden wir uns in einem halben Erlebnispark wieder. Neben dem obligatorischen Shop, in dem Sirupflaschen in allen Formen und Größen glänzten, gab es hier auch einen riesigen Speisesaal, der aussah wie eine Mischung aus Festzelt und Oktoberfesthalle. Lange Holztische, Bänke, Musik – und mittendrin mehrere chinesische Reisegruppen, die sich lautstark und begeistert in kanadische „Kultur“ einprobierten. Ein kurioses Schauspiel: Lederhosen-Atmosphäre am Sankt-Lorenz-Strom.
Doch was uns am meisten faszinierte, war nicht das Spektakel im Saal, sondern eine kleine Köstlichkeit draußen am Stand: frisch gekühltes Ahornsirup-Eis. Der dickflüssige Sirup wurde auf eiskaltem Schnee oder einer Eisplatte ausgegossen, mit einem Holzstäbchen eingerollt – und fertig war eine süß-klebrige Leckerei, die man direkt löffeln konnte. Einfach, überraschend und unglaublich lecker.
Mit diesem Zuckerflash im Bauch und einem breiten Grinsen im Gesicht machten wir uns dann endgültig auf ins Hinterland. Je weiter wir uns vom Sankt-Lorenz-Strom entfernten, desto einsamer wurden die Straßen. Der Asphalt wurde stellenweise rauer, and wechselte in Staubpisten, Schlaglöcher tauchten plötzlich auf, und unser kleines Mietauto – ausgestattet mit Vierradantrieb – durfte endlich beweisen, dass es mehr war als nur ein Stadtflitzer.
Die Landschaft veränderte sich merklich: Dichte Wälder rückten näher an die Straße und kleine Seen blitzten zwischen den Bäumen auf. Der Verkehr? Fehlanzeige. Stundenlang begegnete uns kaum ein anderes Fahrzeug – ein ungewohntes, fast befreiendes Gefühl nach den dicht gedrängten Metropolenstraßen von Quebec.
Nach rund zwei Stunden Fahrt erreichten wir schließlich unser Ziel: den Lac Taureau
, rund 150 Kilometer hinter Montreal. Dort lag, wie aus dem Bilderbuch entsprungen, eine kleine Anlage direkt am Seeufer – abgeschieden, umgeben von Wald, mit einem atemberaubenden Blick über das spiegelglatte Wasser. Nur das leise Plätschern der Wellen gegen den Steg und das Rufen der Seetaucher durchbrachen die Stille. Ein Ort, der sofort erkennen ließ, warum man Kanada das Land der tausend Seen nennt.
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