Mittwoch, 17. September 2025

298 km Postkarten motive - unterwegs auf den Cabot Trail

Nachdem wir Guysborough hinter uns gelassen hatten, führte uns unser Weg weiter „nach oben“ durch Nova Scotia – das Ziel: der Cape Breton Highlands National Park, ganz im Norden. Am Ende waren das fast 6 h Autofahren. Und der Weg dorthin führt uns über den Cabot Trail.

Wer bisher angenommen hatte, ein „Trail“ sei nur ein Wanderweg, irrt gewaltig. Der Cabot Trail ist eine der atemberaubendsten Küstenstraßen überhaupt: etwa 298 km  lang, eine Schleife rund um die Nordspitze von Cape Breton Island. 

Diese Panoramastraße verläuft durch den Hochland-Nationalpark („Highlands“ heißt nicht nur Name, sondern Erlebnis): Steilküsten, Meeresblicke, tiefe Täler, windgepeitschte Hochplateaus. Nach fast jeder Kurve ein neues Postkartenmotiv. Ein Eldorado nicht nur für Auto- und Motorrad-Enthusiasten – obwohl wir keine von beiden sind – aber ehrlich: auch ich war begeistert. Weil diese Straße nicht nur Sicht, sondern Gefühl bietet.

Da der Cabot Trail durch den Nationalpark führt, braucht man natürlich einen Nationalparkticket. Wie schon 2017 haben wir uns fürs Explorer-Ticket entschieden, das ein Jahr gültig ist – lohnt sich, wenn man mehrere Tage wandern und Natur genießen will.


Unsere Wanderung: Mica Hill Trail

Unser erster Stop auf dem Cabot Trail entgegen dem Uhrzeigersinn war der Mica Hill Trail

Hier ein paar Eckdaten und Erlebnis:

  • Länge: ~ 7,9 km    

  • Höhenlage: zwischen etwa 260 und 400 m, also ein moderater, aber lohnender Aufstieg. 

  • Landschaft & Ausblicke: Man wandert zuerst durch Acadian Mixed Forest – eine Mischung aus Laub- und Nadelbäumen – dann in die stunted taiga hoch auf das Hochplateau. Oben gibt es offene Flächen und spektakuläre Rundumblicke – auf Küstenorte, aufs Meer, auf Gebirge weit im Norden der Insel.  

Am Eingang wurde uns geraten: Nicht nur auf Schwarzbären und Hirsche zu achten – diesmal standen auch Koyoten (Coyotes) zur Warnung. Also war unsere erste Aufgabe, etwas zur Abwehr zu finden. 

Diese Warnung hatte Gewicht, und das in zweifacher Hinsicht. Erstens gab es tatsächlich eine tragische, aber wahre Geschichte: 2009 wurde die kanadische Sängerin Taylor Mitchell im Cape Breton Highlands National Park Opfer eines tödlichen Coyoten-Angriffs. Und zweitens: Solche Abwehrknüppel als Bewaffnung haben Gewicht.

Wir trafen auf unserem Mica Hill Trail keine Koyoten (was auch beruhigend war), dafür auf Wind, auf klare Luft – und auf Ausblicke, die so Highland-schottisch wirkte, dass ich fast erwartet hätte, ein Dudelsack-Echo zu hören. Tatsächlich gibt es in der Region eine starke Geschichte schottischer (gälischer) Einwanderer, und an manchen Stellen sind die Hinweisschilder sogar teils auf Gälisch. Diese Verbindung von Natur und Kultur verstärkt das Gefühl eines alten Highlanderpfades mitten in Kanada.

Am spannendsten: Wir sahen erste zart verfärbte Ahornbäume – ein kleiner Vorbote vom Indian Summer, so hofften wir.  Vielleicht sind doch nicht die Windräder für die Verfärbung verantwortlich. Es könnte der Wind sein, er wirbelt Staub und kleine Partikel auf. Dieser Staub setzt sich vielleicht auf den Blättern ab und verändert vielleicht die Art, wie das Sonnenlicht durch die Blattzellen fällt. Oder der  Wind erzeugt so etwas wie Turbulenzen in der Luft, die die Bäume „aktivieren“, ihr Farbstoffwechsel gerät dadurch in Stress, und die Blätter färben sich schneller. Natürlich alles hypothetisch. Ich bleibe dran.

Den Abend beschliessen wir im schottischen Pub mit Livemusik mit der Fiddel, einen leckeren Suft&Turf für die die es mögen und natürlich lokalen Craftbier.


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